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[heft 9] [oktober 2013] wien - st. wolfgang



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Ein Haus aus Alphabet und Landschaft
Sascha Garzetti


1
vielleicht dass ich dir
einen Brief schriebe

du könntest ihn
zur Seite legen

ohne ein Wort
darin zu lesen

bloß nachsehen
wo ich ihn aufgegeben habe

und mir sagen
wo ich zu Hause bin



2
vor dem Fenster rücken
die Dinge zusammen

hinter der Eiche verschwindet
lautlos ein Zaun

das Licht erfindet sich noch einmal
und trägt dem Schnee die Farben zu

die Sträucher schämen sich
ihrer aufgebauschten Hüte

eine Amsel hat ein Einsehen
setzt ihre Fußspuren ins Weiß

die Konturen kleiner Flugzeuge

als sei es ihr
zu eng geworden
in ihrer Haut



3
nichts zur Sprache bringen

die Dinge sollten nicht
zur Sprache kommen

die Dinge sollten
zu den Bäumen kommen

die machen weniger
Aufhebens



4
wer treibt das Licht auf die Felder
es nagt an der Haut schwer und weich
wäscht es das Auge aus trägt es
die Spuren der Wagenräder ab

denen wir folgen wir wissen
nicht wohin

die Wolken werfen Schatten
sie schleifen sich wund am Schotter
und streifen sie weiter vorn ins Geäst

bald steigen auch wir über den Hügel
verschwinden im Gefolge des Lichts

zurück bleiben die Stoppeln verstreut
die Ballen aus Stroh einsam schweigend
wie träumende Kinder

was rufen sie sich zu

früher schoben sie die nackten Füße
über die Felder sie hoben sie kaum
vom brennenden Boden

ein Schweben

worauf nur

wer streut das Licht in ihre Fährten

und wer treibt das Licht auf die Felder



5
sich klein machen
und schreiben
was ist

die Fische schwimmen im Wasser
und die Menschen fliegen
als wären sie Vögel

ein Kindergedicht schreiben
darin läge
die Kunst



6
nicht der hohe Wuchs der Zypresse
das breite Nadelgewand
der Klang einer Hand
die an die Rinde klopft
macht uns lächerlich klein

über uns greifen
die Äste ins Blau
und halten ein Stück
Himmel fest



7
manchmal trage ich
ein Wort im Mund

das Gewicht liegt
auf der Zunge

als ob es da wäre

verspricht es sich
über den Lippen

erfindet sich um
verschiebt sich laut

ein Anklang
wenn ich einatme

ein Ansingen
und Nachzittern
es taktet mich um

als ob es da wäre



© beim autor


sascha garzetti. geboren 1986 in zürich. lebt in baden (schweiz). studium der germanistik, geschichte und nordistik an der universität zürich.
publikationen in zeitschriften und anthologien, zuletzt in: lyrik der gegenwart. [feldkircher lyrikpreis 2011] sowie in: lyrik der gegenwart. feldkircher lyrikpreis 2012.
auszeichnungen
werkbeitrag des aargauer kuratoriums 2009.
heinz-weder-anerkennungspreis für lyrik 2011.
lyrikbände
[vom heranwachsen der sterne] | gedichte, wolfbach verlag | zürich 2010.
[gespräch in der manteltasche] | gedichte | edition isele | eggingen 2012.




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