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Offener Brief an Raimund Bahr zu seinem Fünfziger
Peter Simon Altmann


Lieber Raimund!

In den letzten Jahren ist die Anrede »Lieber...« oder »Liebe...« unter Freunden und Bekannten unüblich geworden. Nur bei der Herzallerliebsten, bei den Eltern oder gegenüber dem Nachwuchs läßt man sich dazu hinreißen. Aber einen Brief mit »Hallo!« zu beginnen, nein, das wird in diesem Fall nicht passieren. Ich setze also nochmals an und treibe es mit der Verdoppelung auf die Spitze.

Lieber Raimund!

Das letzte Mal sind wir in diesem herrlichen Café Ramsauer in Bad Ischl zusammen gesessen. Jetzt bin ich gerade im Fernen Osten, wo sie mit solch einer Kaffeehauskultur nicht mithalten können, und bekomme fast Heimweh. Du weißt, ich lasse mich nach wie vor gerne von diesem altösterreichischem Flair berauschen und hinterfrage nicht die Idylle. So wie wir nur Gäste auf dieser Welt sind, sehe ich mich weiterhin in Salzburg, meiner Heimatstadt und neuerlichen Wohnort, und eben auch im Salzkammergut lediglich als Urlauber. Wenn ich Dich am Wolfgangsee besuchen komme, denke ich immer, Du lebst im Paradies, und spreche Dir gegenüber das auch aus. Sicherlich ist es kein schlechter Ort um »Urlaub vom Nichts« zu machen, um mit Günther Anders zu sprechen.

2002 habe ich zum ersten Mal bei den Strobler Literaturtagen teilgenommen und bin in diesem Jahrzehnt insgesamt fünfmal dabei gewesen. Seither komme ich Dich gerne am Wolfgangsee besuchen und fahre auch gerne einmal allein oder in Begleitung nach St. Gilgen, Strobl oder St. Wolfgang. Allein dafür, daß Du mich diesen Flecken Erde durch die Einladung zu den Literaturtagen entdecken hast lassen, möchte ich Dir danken. Als gebürtiger Salzburger kannte ich diese einzigartige Gegend natürlich durch Ausflüge mit den Eltern bereits vorher, es ist jedoch etwas anderes, wenn man dann als Erwachsener neu dafür entflammt. Es gab ja auch einmal eine Zeit, in der ich Salzburg und seine Umgebung gehaßt habe.

Beweihräucherungen oder Lobpreisungen sind nicht so meine Art. Auch sind dafür andere mehr berufen als ich, die Deine kulturellen und literarischen Leistungen besser einschätzen können, weil sie Dich schon länger kennen. Unsere Freundschaft gedeiht ja doch erst so richtig, seitdem Du in Salzburg zu studieren begonnen hast, weil wir uns nun seitdem regelmäßig treffen. Unsere Gespräche will ich jetzt jedenfalls nicht mehr missen. Unsere regelmäßigen Zusammenkünfte sind ein fixer Bestandteil meines Lebens geworden und bereichern mich enorm.

Daß Du mich damals 2002 nach Strobl eingeladen hast, war sicherlich ein Glücksfall, damit hat unsere Bekanntschaft und spätere Freundschaft begonnen. In dem gleichen Jahr hattest Du auch im Radiokulturhaus in Wien ein Symposium über Günther Anders veranstaltet, und ich sah mich damals durch Dich veranlaßt nun endlich die zwei Bände der »Antiquiertheit des Menschen«, die in der Bibliothek seit Jahren verstaubten, zu lesen. Weißt Du eigentlich, daß ich wegen Dir beziehungsweise auf Grund der Anders-Lektüre seit langem nun keinen Fernseher mehr habe?
Da soll noch einer sagen, daß Begegnungen nicht das Leben verändern. In diesem Sinne wünsche ich Dir schon jetzt, exakt drei Monate zu früh, zu Deinem Fünfziger alles Gute und freue mich schon auf unsere neuerlichen Sitzungen im Gasthof Mostwastl am Stadtrand von Salzburg, wo die Idylle vielleicht manchmal trügerisch erscheint, man sich aber trotzdem an ihr erfreuen kann.

Dein Peter Simon Altmann
Seoul, 21.12.2011

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